100 Jahre Krise – Wo bleibt der Aufstand?

„Es gilt zu begreifen, dass man nicht siegen kann, wenn man nicht gelernt hat, die Vergangenheit zu verstehen“

– Ernst Thälmann

Vor 100 Jahren, im Oktober 1923 fand – ausgelöst durch ihre unerträglichen Lebensbedingungen – der Kampf der hamburger Arbeiterinnen und Arbeiter gegen das herrschende System seinen Höhepunkt im Hamburger Aufstand.

Organisiert durch die Hamburger KPD wurden Polizeiwachen besetzt, Barrikaden gebaut und sich bewaffnet. 3 Tage und Nächte hielten die Kämpfenden der Übermacht der Polizei und Reichswehr stand. Doch der revolutionäre Funke sprang nicht auf das restliche Land über und die erhoffte Revolution blieb aus. Der Hamburger Aufstand wurde abgebrochen.

Fünf Jahre waren seit dem Ende des ersten Weltkriegs vergangen, fünf Jahre vorher scheiterte die Novemberrevolution am Verrat der Sozialdemokratie, die den Herrschenden, nicht nur in Hamburg, die Macht sicherte.

1923 prägen Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger die Lebenssituation der Menschen. Eine unvorstellbar hohe Inflation macht es schier unmöglich vom Lohn der Arbeit leben zu können. Faschistische Banden ziehen durch die Städte und die Herrschenden sehen in ihnen bereits die Möglichkeit des Machterhalts. Arbeiterinnen und Arbeiter erheben sich gegen die ungeheure Ausbeutung. Es formen sich Streiks in allen Teilen Deutschlands. Im Sommer 1923 tritt die Sozialdemokratie in die Regierung ein, beseitigt aber, entgegen ihrer Versprechen, den Hunger und das Elend nicht. Teuerungen und Inflation rauben die Menschen immer mehr aus. Soziale Errungenschaften der Novemberrevolution, wie der Achtstundentag, sind längst abgebaut. Es kommt zu Hungeraufständen. Die Polizei schießt immer häufiger auf Demonstrierende und ermordet viele von ihnen. Die werktätigen Massen suchen verzweifelt einen Ausweg aus dem kapitalistischen Wirtschaftschaos.

Die letzten 100 Jahre ist viel passiert und doch stellen wir uns die gleichen Fragen wie damals. Die Parallelen zu Heute sind nicht zu übersehen. Wirtschaftskrisen kommen in immer kleineren Abständen, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander und die Arbeiter*innenklasse wächst durchgehend. Wir erleben die Auswirkungen von Krieg und Krise unmittelbar. Auch heute treibt die Inflation die Lebensmittelpreise immer weiter in die Höhe. Viele Menschen können sich die Kosten für Wohnen, Heizen und Essen kaum noch leisten. Die Regierenden der „Ampelkoalition“ arbeiten gegen die Interessen der Menschen und für die Interessen der Rüstungsindustrie, Energiekonzerne und Banken.

Damals, im Oktober 1923 waren es hamburger Kommunistinnen und Kommunisten, die in einer aussichtslos erscheinenden Situation Mut zeigten. Sie ergriffen eine der letzten Chancen, den Faschismus in Deutschland zu verhindern, der letztendlich Weltkrieg und millionenfachen Tod mit sich brachte. Sie erfuhren die Kraft der Solidarität durch die Bevölkerung in Schiffbek, in Barmbek, in Harburg, in Eimsbüttel und Wandsbek. Arbeiterinnen und Arbeiter der Viertel versorgten, versteckten und unterstützten die Kämpfenden. Viele von ihnen bezahlten dafür nach dem Aufstand mit Folter und Gefängnis.

Sie waren es, die die letzte Chance ergriffen, die Novemberrevolution von 1918 zu vollenden. Diese Revolution sollte die Letzte auf deutschem Boden im 20. Jahrhundert bleiben.
Noch immer fürchten die Herrschenden diese Kraft, die von den Aufständischen in Hamburg
ausging. Sie haben die Tage des Oktober 1923 nicht vergessen! Seit damals werden die
Kämpferinnen und Kämpfer diffamiert. Viele von ihnen wurden im Faschismus eingekerkert und ermordet.

Für uns war und ist der Hamburger Aufstand trotz all seiner Widersprüche keine Niederlage! Der Hamburger Aufstand war ein antifaschistischer, antikapitalistischer, ein revolutionärer Aufstand. Wir als Bündnis hamburger Antifaschist*innen, Sozialist*innen und Kommunist*innen wollen uns das 100. Jubiläum des Hamburger Aufstandes zum Anlass nehmen um zu erinnern, aber vor allem um zu lernen. Wo stehen wir heute und was braucht es für eine breite antikapitalistische Bewegung? Welche Lehren können wir aus dem Aufstand ziehen? Und was braucht es um den Kapitalismus mit all seinen Widrigkeiten hinter uns zu lassen? Kommt mit uns ins revolutionäre Jahr 2023! Lasst uns in diesem Jahr unsere Kräfte bündeln, vereint im Kampf um eine bessere, eine friedliche, eine gerechte, eine sozialistische Welt! Macht mit wenn es heißt: „Heute wie vor hundert Jahren – Hamburg muss den Aufstand wagen!“


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